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Achtfacher Pfad

Impfung für den Geist

Die Wahrheit vom Weg, der zum Aufhören des Leidens führt

 

Heute, kommt der letzte Teil der Vier Wahrheiten der Edlen. Der ausführlichste, da so tiefgründig. Und dennoch so kurz wie möglich gehalten. Vielleicht dennoch für den einen oder die andere nützlich

 

„Und was Freunde ist der Weg der zur Beendigung des Leidens führt? Es ist eben dieser Edle Achtfache Pfad: Nämlich Rechte Ansicht, Rechte Absicht, Rechte Rede, Rechtes Handeln, Rechte Lebensführung, Rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, Rechte Konzentration.“

 

Hier haben wir ein großes Paket vom Buddha in den spirituellen Einkaufswagen gelegt bekommen. Denn mit dieser achtfachen Vorgehensweise wird sehr genau dargelegt, wie der Weg der Befreiung tatsächlich beschritten werden kann. Und wer sich daran hält, dies auch so durchführt, wird das Ergebnis, die Befreiung von Leiden, zuverlässig erlangen.

Dabei kann man die acht einzelnen Pfadteile von verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Eine ist, diese in Untergruppen zusammen zu fassen, indem man sie in drei Bereiche einteilt:

Den der Sichtweise, den der Meditation und den der Handlung.

Eine andere Möglichkeit ist, jeden einzelnen Pfadteil für sich zu untersuchen. Das würde hier aber den Rahmen eines normalen Beitrages sprengen.

Deshalb nur einmal die drei Bereiche.

Sichtweise. 

Sie beinhaltet die Rechte Ansicht und die Rechte Absicht. Beide bedingen einander, wenn die Ansicht stimmt wird auch die Absicht stimmig werden. Und mit der Ansicht beginnt und endet alles, denn letztlich wird mit der Rechten Konzentration die Rechte Ansicht im eigenen Erkenntnisstrom zutage gefördert.Diese Ansicht beruht grundsätzlich auf den folgenden 

 

Prinzipien:

Den drei Siegeln (Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit, Nicht-Selbst) sowie dem abhängig-bedingten Entstehen (Karma).

Mehr braucht man eigentlich nicht, um auf den Punkt zu kommen.

Allerdings gibt es über diese Prinzipien eine Menge zu erfahren, zu studieren, zu kontemplieren und zu guter Letzt zu meditieren.

Es gibt natürlich eine Vielzahl von Lehren, die der Buddha gegeben hat.

Über die zwölf Glieder abhängigen Entstehens bis hin zu den vier Grundlagen der Achtsamkeit, man könnte eine Vielzahl von Texten heranziehen.

Immer wieder jedoch stößt man dabei auf diese grundsätzlichen Prinzipien. 

Unbeständigkeit, Leidhaftigkeit, Ohne-Selbst, abhängig-bedingtes Entstehen.

Somit bekommt die Richtige Ansicht die Schubkraft, die zur richtigen Motivation, eben der „Rechten Absicht“ wird, mit der man auf dem Weg zur Befreiung von Leiden voranschreitet.

Handlung

Aus diesem ersten Bereich der Sichtweise ergibt sich als Zweites der große Bereich der Handlung. 

Damit geht es direkt in das Leben hinein.

Der Buddha war ein praktischer, pragmatischer Mensch. Nicht jeder, das wusste er, besitzt die Fähigkeit, sich wie er abzusondern von der Welt und sich nur noch der Kontemplation zu widmen. 

Der schnellste Weg, um zur individuellen Befreiung zu gelangen. 

Diese Einsicht war es allerdings auch, die den Buddha anfänglich zögern ließ, überhaupt zu lehren. Zum Glück hat er sich dann ja bekanntlich anders entschieden.

Und er hat seinen Nachfolgern Methoden an die Hand gegeben, wie man es bewerkstelligen kann, auch in einem "normalen" Leben, jenseits der Ordinantion, als Laie/in und Haushälter/in (zumindest einigermaßen) unbeschadet diesen Kreislauf der Leiden zu durchwandern und sich fortzuentwickeln.

Zuallererst wird deshalb im Bereich der Handlungen die Rechte Rede in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt. Denn Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, dessen wir uns immerzu bedienen. Und häufig nicht zum Heilsamen.

Lügen, Zwist, Tratsch und Verleumndung führen schnell zu Mord und Totschlag. Deshalb steht die Rechte Rede am Beginn dieses Komplexes. Jede/r kann sich denken, was Rechte Rede beinhaltet.

Was der Buddha mit Rechtem Handeln meinte ist kurz ausgedrückt folgendes:

Man benimmt sich so, dass man mit seinen Tätigkeiten den Wesen so wenig wie möglich Schaden zufügt.

In der Darlegung des Buddha zu den zehn unheilsamen Handlungen werden genau genommen drei des Körpers beschrieben.

Das Nehmen von Leben, das Nehmen von Dingen, die nicht gegeben wurden und sexueller Missbrauch.

Und das Abstandnehmen davon ist also Recht.

Mit der Rechten Lebensführung schließlich zeigt der Buddha puren Pragmatismus und Lebensbezogenheit. Denn damit spricht er all die Laien an, die Arbeiten, um ihr Geld zu verdienen. Und diesen ganz unmissverständlich den Methodenweg eröffnet. Mit dem sie, genau wie Mönche und Nonnen, zur Befreiung schreiten können.

Die Rechte Lebensführung sollte nichts anderes als die Augen öffnen für die beruflichen Fallstricke, in die Laien geraten können.

Denn wer als Metzger, Jäger, Fallensteller, Fischer, Tierzüchter, Waffen- oder Drogenhändler arbeitet, sammelt allein durch seinen Alltag und der Tatsache, dass er oder sie damit einer Menge Wesen direkt oder indirekt Schaden zufügt unheilsame Impulse an.

Diese Tätigkeiten sollten also unbedingt vermieden werden.

Meditation 

Der dritte Bereich wird mit Meditation umschrieben. Besser gesagt, mit der Schulung des Geistes.

Rechte Anstrengung, Rechte Achtsamkeit und Rechte Konzentration sind die Schlüsselpunkte, wenn es darum geht, diesen Geist zu bezähmen. Ihn gefügig zu machen, diesen in die Lage zu versetzen, gezielt das zu denken, zu fühlen und zu gestalten, was nützlich und heilsam ist. Denn seien wir doch mal ehrlich:

Dieser Geist, wie wir ihn normal kennen, denkt meist wirres Zeug. Dieser Geist fühlt meist wirres Zeug. Dieser Geist gestaltet meist unheilsames, unnützes Zeug.

Wer´s nicht glaubt (und noch keine längere Meditationserfahrung hat), wer tatsächlich denkt, seines Geistes Herr (oder Dame) zu sein, der begebe sich einfach einmal in eine, sagen wir mal, einwöchige Klausur. Ohne große Ablenkung. (Die letzten Monate der Corona Krise waren dafür ideal geeignet.)

Dann beobachte man genau das, was da in diesem Geist so vor sich geht.

Und wer nach einer Woche noch sagt, er oder sie habe seinen oder ihren Geist im Griff, na Glückwunsch.

Doch die meisten werden ziemlich bald alles Merkwürdige erleben. Mit dem sie nie und nimmer zu tun haben wollten. Alles mögliche taucht vor des Geistes Auge auf und bringt einen in arge Bedrängnis. Manche Anfänger, die das erste Mal in ein, sagen wir mal, zweiwöchiges Retreat gehen, können so ihr blaues Wunder erleben. Und finden auch häufig schnell irgendwelche Gründe, warum ihr Geist ein wenig durcheinander gekommen ist und sie ihr lang ersehntes Retreat dann doch nicht so toll fanden.

Ja. Der Weg kann anstrengend sein.

Genau genommen IST er anstrengend.

Wer das Gegenteil behauptet, lügt.

Oder hat sich in einem spirituellen Wolkenkuckucksheim gemütlich eingerichtet.

Sicher, es hört sich so schön an.

Entspann´ dich, lass´ einfach los, Meditation geschieht…

Bis es soweit ist, heißt das Zauberwort jedoch Rechte Anstrengung

Und das hat in dem Kontext, wie es der Buddha darlegte, nun mal ganz maßgeblich mit der meditativen Praxis zu tun die, wie jede Praxis die man üben muss, Ausdauer und Einsatzwillen bedarf. Mit dem, was der Buddha so beschrieb:

„Da setzt sich einer nieder, nachdem er in den Wald oder zum Fuß eines Baumes oder in eine leere Hütte gegangen ist; nachdem er die Beine gekreuzt, den Oberkörper aufgerichtet und die Achtsamkeit vor sich verankert hat, atmet er völlig achtsam ein, achtsam atmet er aus“ (Sattipatthana Sutra).

Und das nicht nur einmal am Tag für eine halbe Stunde.

Wer ein Instrument spielt und das nicht nur laienhaft, sondern dieses wirklich beherrrscht, weiß was das heißt. Dieser Geist ist genau genommen unser schönstes Instrument. Nur spielen die meisten es höchstens laienhaft.

Um dieses Instrument zu nutzen, braucht es also zuerst Rechte Anstrengung.

Und die ist nötig, wenn es darum geht, Rechte Achtsamkeit zu entwickeln.

Rechte Achtsamkeit veranlasst einen, dass man unheilsame Gedanken und Emotionen, die entstehen nicht einfach stehen lässt. Man weiß ja, was sie anrichten. Darüber bringt sie einen dazu, diese unheilsamen durch heilsame Gedanken und Emotionen zu ersetzen. Die Achtsamkeit kann man auch beschreiben als Erinnerung. Sie erinnert daran, was das gesteckte Ziel ist. Nämlich wachsam zu sein.

Denn bei der Meditation treten fortlaufend Ablenkungen auf.

Wie ein Äffchen, das durch ein Haus hastet und hier aus dem einen Fenster, dort aus dem anderen Fenster schaut, genauso verhält es sich mit unserem wunderbaren „Affen“Geist.

Mit der Rechten Konzentration, die aus der Rechten Achtsamkeit entsteht, erlangen wir schließlich wieder die Rechte Ansicht. Und mit dieser beginnt ja der Weg. Doch nun, ganz am Ende, sind wir auf einer Ebene angelangt, die weit über die des Verständnisses hinausreicht, das wir durch Studium und Reflektion der Lehren erlangt haben.

Rechte Konzentration führt direkt ins Herz der Erkenntnis.

Und dann ist Ruhe.

Keine Friedhofsruhe.

Nicht die Ruhe vor dem Sturm.

Nicht die Ruhe, wenn da ein Orgasmus war und man erschöpft in sich zusammenfällt.

Oder wenn ein Feuerwerk mit dem letzten großen Knall endet und Stille herrscht.

Es ist eine Ruhe, die von nichts gestört werden kann, egal was auch gerade geschehen mag. Weil alles geschehen kann, geschehen darf.

Und dennoch Ruhe ist.

Weil nichts mehr verändert werden muss. Alles ist perfekt und gut geworden.

Wie es schon zuvor perfekt und gut war.

Es gleicht einer Reise.

Wir haben vielleicht irgendwann in einem Buch über Irland eine Fotografie gesehen, das Bild einer Steilklippe mit Blick auf den Ozean.

Nehmen wir die Klippen bei Slieve League in Donegal, Irland. 600 Meter hoch.

Fantastisch.

Wir haben Lust, das wirklich zu sehen, wir strengen uns an und arbeiten für eine Reise nach Irland.

Schließlich fahren wir tatsächlich nach Irland, kommen irgendwie nach Donegal und dann, nach einem letzten, dreistündigen Fußmarsch über die karge Schafweide blicken wir, auf den Klippen weit oben, 600 Meter über dem Wasser stehend, auf das Meer hinaus.

Fantastisch

Vom Bild aus dem Buch zum Bild vor dem Auge.

Kein Unterschied mehr. Eigentlich.

Und wie krass ist es dann, tatsächlich vor Ort zu sein und zu sehen, hören, riechen, schmecken, spüren. Mit allen Sinnen.

Das Meer, die Möwen und die Brandung tief unten, den Geruch von Torf, den Wind im Gesicht.

So ähnlich mag es sein mit der Reise in die Konzentration, die Sammlung, das, was wir gemeinhin Meditation nennen.

Wir haben davon gehört, wie es sein wird, wenn man die neun Stufen der Meditation auf ruhiges Verweilen durchlaufen hat. Haben Belehrungen gehört, drüber kontempliert und uns angestrengt.

Und nach vielen Stunden, Wochen, Jahren des beharrlichen Übens stellen wir fest…

...es ist ganz einfach.

Man schaut und… hoppla.

Schauen und Geschautes sind nicht verschieden.

Und es spielt keine Rolle mehr, ob da Gedanken sind oder nicht.Wenn da Gedanken sind ist es der Geist, der in Bewegung ist.Und wenn da keine Gedanken sind ist es der Geist, der in Ruhe ist.

Wo ist der Unterschied?

Beides ist nichts anderes als Geist.

 

Als würde man auf einer 600 Meter hohen Klippe stehen.

Dann können die Wellen des Meeres noch so hoch sein, von weit oben ist das Meer einfach bewegt und am Horizont glänzt es in der Abendsonne.

Und wenn das Meer völlig ruhig ist…

...dann ist es das Meer.

Und am Horizont glänzt es in der Abendsonne.

 

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